CIB17-Satellit: Brücken

Die Brücke ist ein Symbol für Übergänge. Die künstlerischen Auseinandersetzungen mit ihnen sind vielfältig und vielschichtig. Das Symposium geht der Brücke im Comic aus wissenschaftlicher Perspektive nach. Wo finden wir im Comic Brücken (als Ort, als Metapher) und wie fungieren Comics selbst als Brücke?

Im Rahmen der COMICINVASION 17 veranstaltet das Berliner Comic-Kolloquium einen Vortragsabend zum Thema Brücken in Comics, Comics als Brücke bei Neurotitan (Haus Schwarzenberg, Rosenthaler Straße 39, 10178 Berlin).

Programm

17.00 Christian A. Bachmann

Eine Brückengeschichte mit Supergoof, oder wie
Literaturwissenschaftler Comics lesen

17.30 Nadine Merle Stanko

Mit Mark Twain eine Brücke bauen – Infotainment
in »Auszügen aus Adams Tagebuch«

18.00 Lea Hübner

Comicübersetzung als Brücke nach hier von Brasilien
und anderswoher

18.30 Linda-Rabea Heyden/Jens Ohlig

Von der Sprechblase zur Datenbank – Comicforschung digital

19.00 Titus Ackermann im Brückengespräch mit Anna Beckmann

 

Nachbericht zum CIB 17 Symposium vom 29. April 2017 (Fotos folgen bald)

Von Angela Guttner

Am vergangenen Samstag organisierten Mitglieder des Berliner Comic-Kolloquiums im Rahmen der CIB Satelliten-Events ein Symposium zu Brücken in Comics und Comics als Brücken in der Gallerie Neurotitan. Unter der Moderation von Matthias Harbeck und Marie Schröer setzten sich Kunstschaffende und WissenschaftlerInnen gleichermaßen mit dieser vielfältigen Thematik auseinander.

In seinem Vortrag „Eine Brückengeschichte mit Supergoof, oder wie Literaturwissenschaftler Comics lesen“, erläuterte Christian A. Bachmann anhand der bekannten Supergoof Geschichte „Undank ist der Welten Lohn“ aus dem Jahre 1986, die komparatistische Herangehensweise bei der Analyse von Bildgeschichten. Undank sei, laut Bachmann, auch etwas, dass der Arbeit von LiteraturwissenschaftlerInnen oft zuteilwürde und so stellte er mit Jochen Vogel die Frage, ob es sich bei der Literaturwissenschaft denn lediglich „um eine Art Zombie der Literatur“ handele? Mit diesem und anderen Vorurteilen gegenüber der Komparatistik räumte Bachmann in seinem Vortrag nicht nur auf, sondern machte die wichtige Rolle von WissenschaftlerInnen als Brückenbauer zwischen Werk und RezipientInnen anhand eingänglicher Beispiele deutlich.

Wie die Wissenschaften solche Brücken bauen, zeigte Nadine Merle Stanko noch einmal im Folgebeitrag „Mit Mark Twain eine Brücke bauen – Infotainment in »Auszügen aus Adams Tagebuch«. Stanko nimmt in ihrem, im Zuge einer Bachelorarbeit gefertigten Comic, gleichermaßen die Position der Zeichnerin aber auch die der Wissenschaftlerin ein, indem sie anhand von, in den Comic eingearbeiteten Folien, die Erzählung mit wissenschaftlichen Fakten unterfüttert. Stanko gelang die spielerische Heranführung des Publikums an das literaturwissenschaftliche Arbeiten mit einer kurzen Lesung und darauffolgenden Live-Analyse des Comics. Stanko, die ihren Comic „Auszüge aus Adams Tagebuch“ von einer Erzählung Mark Twains adaptierte, strich zum Ende ihres Beitrags noch einmal die Stärke des Mediums Comic heraus, das ihrer Ansicht nach besonders gut in der Lage sei, auf andere Medien wie z.B. Literatur, Theater, bildende Kunst usw. einzugehen.

Als eine weitere Brückenbauerin zwischen Werk und LeserInnen stellte sich die Comicübersetzerin Lea Hübner heraus. Die Übersetzerin für Spanisch und Portugiesisch gab in ihrem Beitrag „Comicübersetzung als Brücke nach hier von Brasilien und anderswoher“ Einblicke in die Arbeit einer Comicübersetzerin und die damit verbundenen Schwierigkeiten. Einmal mehr wurde die große und oft unterschätzte Leistung der Arbeit von ÜbersetzerInnen klar: Wie übersetzt man Dialekt? Wie jault ein portugiesischer Hund in der deutschen Übersetzung? Und wie wirkt sich das Platzproblem in den Sprechblasen, das durch die Übertragung ins Deutsche auftaucht, auf die Dynamik der gesamten Erzählung aus? Diesen und weiteren Fragen ging Hübner an Beispielen ihrer Comicübersetzungen „Tungstênio“, „Cumbe“ und „Ich habe Wale gesehen“ auf den Grund.

Mit der Zugänglichkeit von erforschten Daten beschäftigten sich die Mitorganisatorin des Berliner Comic-Kolloquiums Linda-Rabea Heyden und Jens Ohlig von Wikimedia. In ihrem Beitrag „Von der Sprechblase zur Datenbank – Comicforschung digital“ erläuterten Ohlig und Heyden die Hürden und Potentiale einer wissenschaftlichen Digitalisierung. Heyden verwies auf die Schwierigkeit der Digitaliserung von Comics und stellte verschiedene Programme und Projekte vor, die sich mit dieser Thematik befassen. Ohlig führte das große Potential einer gelungen Digitaliserung vor: Comics mit spezifischen Kriterien lassen sich nach korrekter Dateneinspeisung schnell und effizient finden; es ist beispielsweise auch möglich sich diese auf einer Landkarte anzeigen zu lassen. Der Vorteil dieses lateralen Verknüpfens von Fragestellungen für die Wissenschaft liegt auf der Hand. Ohlig gab aber auch zu verstehen, dass dieses Projekt langfristig nur funktionieren kann, wenn sich Privatpersonen aktiv an der Speisung der Wikimedia-Datenbank beteiligen. „Datenspenden sind immer willkommen“, so Ohlig.

Einen kurzweiligen Abschluss dieses comicwissenschaftlichen Abends bot das von Anna Beckmann geführte Künstlergespräch mit Titus Ackermann. Die Literaturwissenschaftlerin und Comicforscherin Beckmann befragte Ackermann, u.a. Comiczeichner und Mitherausgeber der Comiczeitschrift MOGA MOBO, nach der Rolle von KünstlerInnen als Brückenbauer aber auch nach der Wahrnehmung der Comicforschung aus KünstlerInnensicht. Ackermann bestätigte die Wichtigkeit der Comicforschung für die Kunstszene und verwies auf die Forscherinnentradition in anderen Ländern, der Deutschland noch hinterherhinke. In seiner Rolle als Brückenbauer bei Comicworkshops in fremdsprachigen Ländern sei dem Künstler aber auch klar geworden, dass der Comic ein Brückenmedium per se sei, da es, zumindest teilweise von Menschen aus verschiedensten Kulturen verstanden werden und so zur interkulturellen Kommunikation genutzt werden kann. Der Autor stellte am Ende des Gesprächs noch den Appell an deutsche ComicautorInnen, politischer zu werden, in der eigenen Kunst öfter zu gesamtgesellschaftlichen Fragen Stellung zu beziehen.

 

 

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